Warum es neue Denkweisen braucht

Man kann Probleme nicht mit der Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind. Scheinbar war es Albert Einstein, der das gesagt hat. Wenn wir also den Insekten helfen wollen, sollten wir uns fragen, welche Denkweise zum Insektensterben geführt hat und wie ein alternatives Denken aussehen könnte.

Anregungen dazu habe ich in einem Text der grossartigen Autorin und Pflanzenökologin Robin Wall Kimmerer gefunden. Ich habe versucht, einige Passagen des Texts auf Deutsch zu übersetzen. Sie beschreibt die Probleme verursachende Denkweise wie folgt:

«Unser Denken führt zu unserem Verhalten, gerade so, wie ein ins Wasser fallender Stein Wellen schlägt. Wenn wir diese Beeren, diese Kohle oder diesen Wald als Objekt, als Besitz ansehen, können sie als Ware in einer Marktwirtschaft verwertet werden. Wir wissen, wohin das führt.»

Ja, das wissen wir. Zum Insektensterben unter anderem.
Wie könnten wir denn diese Beeren, diese Kohle und diesen Wald stattdessen betrachten? Als Geschenk, sagt Robin Wall Kimmerer. Denn:

«Wer die Welt als Geschenk ansieht, fühlt sich eingebunden in ein Netz wechselseitigen Gebens und Nehmens (reciprocity). Es macht dich glücklich – und es bringt dich in die Verantwortung. Etwas als Geschenk zu betrachten verändert den Bezug dazu in tiefgreifender Weise, obgleich die physische Form des ‹Dings› sich nicht verändert. Auch eine Wollstrickmütze, die du im Laden kaufst, hält dich warm, aber wenn sie von deiner liebsten Tante gestrickt wird, hast du eine ganz andere Beziehung zu diesem ‹Ding›: Du bist dafür verantwortlich und deine Dankbarkeit bewegt etwas in der Welt. Du schaust viel besser zum geschenkten Hut als zu dem aus dem Laden, weil er nämlich aus Beziehungen geknüpft ist. Das ist die Kraft des Geschenk-Denkens. Würden wir anerkennen, dass alles was wir verbrauchen ein Geschenk von Mutter Erde ist, dann würden wir besser Sorge tragen zu dem, was uns gegeben wird. Ein Geschenk falsch zu behandeln ist nicht nur von emotionaler und ethischer, es ist auch von ökologischer Tragweite.»

Vielleicht sollten wir also beginnen, das Geschenk-Denken in unseren Alltag zu integrieren. Vielleicht indem wir uns fragen: Wer schenkt mir diese Kohle, diesen Wald oder diese Beeren? Und indem wir Danke sagen: den Pflanzen, der Erde, dem Regen, der Sonne, den Bestäubern und Zersetzern. Und indem wir andere einladen, sich an den geschenkten Kohlen zu wärmen und von den geschenkten Beeren zu essen. Indem wir also das Netz von Geben und Nehmen immer weiter und weiter spinnen.

Gut getarnt auf einer Dolde der Wilden Möhre wartet die Veränderliche Krabbenspinne geduldig auf Geschenke von Mutter Erde.